Dritter Raum
Erster Raum
Gliderung
Kosmologisches
Meta
off topic
Offene Fragen
Rohtexte
Vierter Raum
Zweiter Raum
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon

 

Zweiter Raum

Caspar, Melchior und Balthasar galten als Magier, Sternendeuter, reiche Könige oder Philosophen. Ihre kostbaren Geschenke deuteten auf die künftige Bestimmung Christi: Königtum (Gold), Gottheit (Weihrauch) und Passionsopfer (Myrrhen). Meistens tragen die Heiligen orientalische Kleidung. König Caspar ist in der Regel als Mohr dargestellt.

Rätselhaft ist ihr Gefolge. Manchmal sind Affen darunter. Es sind Sinnbilder des Teufels und der Lasterhaftigkeit. Weiße Hunde konnten Glauben und Treue bezeichnen, struppige Hunde den Unglauben. Sicher kein Zufall, dass Affen und Hunde häufig auch Moriskentänzer begleiten – etwa am Goldenen Dachl in Innsbruck.

Es gab noch mehr dunkelhäutige Heilige. Mauritius war ein christlicher ägyptischer Märtyrer. Aus seinem Namen leitet sich das alte Wort "Mohr" ab (lateinisch "Maurus" heißt "Nordafrikaner"). Er war Schutzpatron der Ritter und Patron Burgunds. Als Reichspatron der Salierkaiser war Mauritius auch im deutschen Raum besonders populär.

Höfische Kreise orientierten sich am verfeinerten arabischen Lebensstil. Gleichzeitig verdammten christliche Theologen den Islam als Religion der hemmungslosen Genusssucht und der Gewalt. Der Geschmack des Verbotenen ließ aber alles Orientalische umso attraktiver erscheinen.

Das zwiespältige Islambild spiegelte sich in der christlichen Kunst. Propheten mit Turbanen, Priester mit bizarren Mützen, Könige mit Kamelen und dunkelhäutige Magier - eine bunte Karawane zieht über Altarbilder und profanes Bildwerk. Edle Mohren und Könige stehen dort neben dunkelhäutigen Schergen und verschlagenen Turbanträgern.

Die Heiligen Drei Könige vertraten aus abendländischer Sicht die positive Seite der orientalischen Hochkultur. Sie wurde noch immer für ihren sagenhaften Reichtum und ihren verfeinerten Lebensstil bewundert.

Spanische Christen flohen in benachbarten Länder und exportierten ihre maurisch gefärbte Kultur. Jakobspilger aus ganz Europa deckten sich in Nordspanien mit arabischen Waren ein. Kreuzfahrer kehrten aus dem Heiligen Land mit orientalischen Gütern in ihre Heimat zurück.

Die Kreuzzüge brachten keinen dauerhaften Erfolg. Durch militärische Erfolge in Spanien überwand aber das christliche Abendland sein Minderwertigkeitsgefühl gegenüber der islamischen Zivilisation. Europäische Christen waren von nun an von ihrer religiösen, intellektuellen und militärischen Überlegenheit überzeugt.

Die islamische Welt faszinierte zwar weiterhin, jedoch weniger durch Hochkultur und Wissenschaft, sondern mehr durch sagenhaft exotisch-erotische Reize. Der Okzident erblickte im Orient das fremdartige Gegenbild, das eine ebenso verlockende wie bedrohliche Gestalt annehmen konnte.

Der christliche Westen war dem islamischen Orient zwiespältig verbunden. Im frühen Mittalalter waren arabische Muslime Träger der überlegenen Kultur. Sie bewahrten die antiken Wissenschaften, entwickelten sie fort und vermittelten ihr Wissen an das christliche Europa. In Spanien lebten Mauren, Christen und Juden über 300 Jahre friedlich zusammen.

Italienische Kaufleute aus Venedig, Genua, Pisa und weitere Stadtrepubliken trieben lebhaften Handel mit der arabischen Welt. Über die Alpen kamen Gewürze, Textilien, Färbemittel und andere exotische Waren nach Bayern und weiter nach Mittel- und Nordeuropa.

Mit Beginn der Kreuzzüge ins Heilige Land und der christlichen Rückeroberung Spaniens verschärfte sich das Verhältnis zur muslimischen Welt. Die kriegerische Expansion förderte aber gleichzeitig die Verbreitung von orientalischem Kulturgut.

Kunstvolle Fremdenfeindlichkeit? Nicht auszuschließen. Doch „Pharisäer“, „Scherge“ oder „Prophet“ verkörperten allgemeine Wesenstypen, keine modernen Stereotypen. Heilige konnten auch dunkelhäutig sein: König Kaspar und Märtyrer Mauritius standen für den „edlen Mohren“.

Im 15. Jahrhundert tritt fremdländisches Volk auch auf bayerischen Altären auf. Turban tragende Pharisäer verspotten den dornengekrönten Jesus, phantastisch gekleidete Schergen geisseln mit sadistischer Lust. Es scheint, das fromme Publikum verlangte nach Spektakel - ebenso in Leid wie Grausamkeit.

Fürsten herrschen international, Kaufleute handeln global. Und auch die Kunst greift im späten Mittelalter über die Grenzen Europas hinaus. Ob im Edlen, Weisen oder Bösen: Der Orient ist das Ideal, das abendländischen Künstlern ein reiches Repertoire zur Bebilderung religiöser und weltlicher Themen bietet.

Auch die bayerischen Herzöge übten sich im „burgundischen Schreiten“. Münchner Adelige und Bürger kleideten sich extravagant. Knappe Hosen, tiefe Ausschnitte, lange Schnabelschuhe: Besonders junge Männer trieben die Auswüchse der Mode auf die Spitze.

Der burgundische Hof diktierte Etikette und Mode in Europa. Über alle Grenzen hinweg teilte der Hochadel die Lust am Luxus. Höflinge kleideten sich mit übertriebenem Pomp und bewegten sich mit gezierter Gespreiztheit. Reiche Geschäftsleute zogen nach und entdeckten das feine Leben.

Die Herzöge von Burgund gehörten im 15. Jahrhundert zu den reichsten Fürsten Europas. In den niederländischen und französischen Landesteilen blühten Handel und Gewerbe. Wirtschaft und Staat funktionierten mit moderner Effizienz. Doch der Adel kultivierte vergangenes Rittertum.

 

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this topic

powered by Antville powered by Helma