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Erster Raum

Jeder Typ ein anderer Stand, ein anderes Lebensalter oder Temperament. Zwei Rollenbilder sind bei fast jedem Moriskentanz dabei: der jugendlich-bürgerliche „Hochzeiter und der tölpelhafte Bauer. Häufig tanzt auch ein Narr oder ein orientalischer Mohr. Bis auf den Narren sind in München alle dabei.

Jeder Moriskentänzer grenzt sich von den anderen ab. Ob in Körperhaltung, Gesichtsausdruck, Hautfarbe, Mimik und Tracht - alle Ensemblemitglieder kultivieren ihr Extrem. Doch hier produzieren sich keine Individuen, sondern Typen.

Alle zehn erhaltenen Figuren sind Tänzer. Bei Moriskentänzen war die Tänzerzahl nicht festgelegt. Manche Darstellungen zeigen bis zu sechzehn - einzeln, in Paaren oder als größere Gruppe. Waren unter den verlorenen Münchner Figuren auch weitere Tänzer?

Hatte der Stadtschreiber vielleicht nur eine falsche Zahl notiert? Eine solcher Irrtum ist nicht auszuschließen, aber wenig wahrscheinlich. Mehr spricht dafür, dass das Münchner Morsikentanz-Ensemble einst wirklich sechs weitere Mitglieder besaß. Welche Figuren könnten das gewesen sein?

Fest steht: Meister Erasmus Grasser erhielt für 16 Moriskentanz-Figuren die stolze Summe von 150 Pfund 4 Schilling. 16 Figuren, doch nur zehn Tänzer sind heute erhalten. Niemand weiß, ob sechs Skulpturen im Lauf der Jahrunderte verloren gingen oder ob es nie mehr als zehn von ihnen gab.

Der Münchner Stadtschreiber trug am 14. August 1480 folgenden Auszahlungsvermerk in das Stadtkammerbuch ein: „Item 150 Pf. 4 s. zalt maister Erasm schnitzer von 16 pilden maruschka tanntz ... auf das Tanntzhauß an sand marie magdalene abent 1480.“

Die Moriskentänzer waren nicht nur irdische Gestalten, sie drehten sich und sprangen, Himmelskörpern gleich, um die Erde herum - um die gefährlich verlockende Frau Welt, der die Tänzer leidenschaftlich zu gefallen suchten.

Umfasste der Tanzhauskosmos noch mehr Himmelskörper? Zur gleichen Zeit, als Erasmus Grasser an seinen Skulpturen arbeitete, dichtete der Humanist Konrad Celtis: „So wie Morisken springen um das schoene Weib ... so springen die Sterne um die Erde.“

Zwischen Mond und Sonne überziehen zahllose goldglänzende Nägel das Holzgewölbe des Tanzsaals - wie ferne Sterne die Himmelssphäre. Dazu prangten, Fixsternen gleich, ursprünglich elf geschnitzte Wappen auf kreisrunden Scheiben.

Der „Mond“ war ursprünglich vermutlich am westlichen Abschluss des Gewölbescheitels angebracht. Die Skulptur war ehemals wahrscheinlich versilbert. Inventar-Nummer: K 83/40 Lindenholz, Höhe: 69,5 cm Zustand: Fassung von 1928 oder 1935, mit älteren Resten.

 

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