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Das Bild, das sich der Westen vom “Orient” machte, bekam im Lauf der Geschichte mehrere Brüche. Im frühen Mittalalter waren arabische Muslime Träger der überlegenen Kultur. Sie bewahrten die antiken Wissenschaften, entwickelten sie fort und vermittelten ihr Wissen an das christliche Europa. Seit 756 errichteten umajjadische Fürsten in Spanien einen blühenden arabisch-islamischen Staat. Über 300 Jahre lebten dort Mauren, Christen und Juden friedlich zusammen. Eine hoch entwickelte Mischkultur entstand. In Córdoba konnten christliche Gelehrte griechische Philosophie, arabische Medizin, Astronomie und andere Wissenschafte und Künste studieren. Papst Sylvester II (999-1003) verwendete als erster abendländischer Gelehrter die arabischen Ziffern. Der Stauferkaiser Friedrich II lud um 1240 arabische Gelehrte an seinen Hof in Süditalien, und ließ sich in Naturwissenschaften unterrichten. Italienische Kaufleute aus Venedig, Genua, Pisa und weitere Stadtrepubliken trieben lebhaften Handel mit der arabischen Welt. Über die Alpen kamen Gewürze, Textilien, Färbemittel und andere exotische Waren nach Bayern und weiter nach Mittel- und Nordeuropa. Mit Beginn der Kreuzzüge ins Heilige Land und der christlichen Rückeroberung Spaniens verschärfte sich das Verhältnis zur muslimischen Welt. Gleichzeitig förderte die kriegerische Expansion aber die Verbreitung von orientalischen Gütern und der reichen hispano-arabischen Kultur. Spanische Christen siedelten in benachbarten Länder und importierten ihre christlich-maurische Mischkultur. Jakobspilger aus ganz Europa deckten sich in Nordspanien mit arabischen Waren ein. Kreuzfahrer kehrten beladen mit orientalischen Gütern in ihre Heimat zurück. Die Kreuzzüge brachten zwar keinen dauerhaften Erfolg. Durch die militärischen Erfolge in Spanien überwand das christliche Europa aber sein früheres Minderwertigkeitsgefühl gegenüber der islamischen Zivilisation. Es festigte die Überzeugung seiner religiösen, intellektuellen und militärischen Überlegenheit. Die islamische Welt faszinierte das Abendland zwar weiterhin, jedoch weniger durch Hochkultur und Wissenschaft, sondern mehr durch sagenhaft exotisch-erotische Reize. Es erblickte im Orient das fremdartige Gegenbild, das eine ebenso verlockende wie bedrohliche Gestalt annehmen konnte. Höfische Kreise orientierten sich am verfeinerten arabischen Lebensstil. Gleichzeitig verdammten christliche Theologen den Islam als Religion der hemmungslosen Genusssucht und der Gewalt. Mohammed sei der Antichrist, er habe die Wahrheit bewußt verkehrt. Gerade der Geschmack des Verbotenen, so scheint es, ließ alles Orientalische aber umso attraktiver erscheinen.
 

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