Die Kunst boomte in München im ausgehenden 15. Jahrhundert. Die riesige Frauenkirche, dreizehn kleinere Kirchen, ein neues Rathaus mit angeschlossenem Tanzhaus, zwei neue Schlösser - dies war der von weitem sichtbare Ausdruck der ambitionierten Kunstpolitik der Herzogbrüder Albrecht IV. und Sigismund sowie der Kunstförderung durch das aufstrebende Bürgertum. In kurzer Zeit sorgten Maler und Bildhauer Altarwerke für prachtvolle Innenausstattungen - Vielflügelige Altäre mit mehreren Reihen von Bildtafeln und Heiligenfiguren, ein Chorgestühl mit Heerscharen von Propheten, Zunftkapellen und private Andachtsbilder. Die Werkstätten der Münchner Meister waren voll ausgelastet. Um den Bedarf zu decken, wurden auch Künstler aus der Umgebung und aus der Ferne geholt. Einen der bedeutendsten Aufträge stellte ein auswärtiger Bildhauer her, die Deckplatte für das Kaisergrabmal Ludwigs des Bayern in der neuen Frauenkirche. Und auch ältere Werke kamen wieder zu Ehren: Gabriel Anglers Flügelaltar von 1437, noch Jahrzehnte später hoch geschätzt, wurde in die Frauenkirche überführt. Zur Jahrhundertmitte stand die Münchner Kunst auf gehobenem Niveau, doch ihre Ausstrahlung war regional begrenzt. Der einheimische Maler Gabriel Angler war eine Ausnahme, in seinen Bildern sind italienische Einflüsse erkennbar. Gabriel Mäleßkirchner, der führende Münchner Maler in der Zeit etwa von 1460 bis 1480, pflegte einen dekorativen Stil mit Liebe zum Detail. Ähnlich das Bild in der Skulptur: Der anonyme „Blutenburger Meister“ scheint älteren Künstlern wie Michael Erhart verpflichtet gewesen zu sein. Er schnitzte handwerklich perfekt. Doch bei aller Eleganz wirken seine Figuren ein wenig blass und ausdrucklos. Modern wollte man aber damals auch in München sein. Es waren zwei Zuzügler, die frischen Wind in die Münchner Kunstwelt brachten: Der Maler Jan Polack, vielleicht aus Polen stammend, und der Bildhauer Erasmus Grasser aus der Oberpfalz.
Erasmus - am Sa, 26. Februar 2005, 13:52 - Rubrik: Zweiter Raum