Fürsten herrschen international, Kaufleute handeln global. Und auch die Kunst greift im späten Mittelalter über die Grenzen Europas hinaus. Ob im Edlen, Weisen oder Bösen: Der Orient ist das Ideal, das abendländischen Künstlern ein reiches Repertoire zur Bebilderung religiöser und weltlicher Themen bietet.Im 15. Jahrhundert tritt fremdländisches Volk auch auf bayerischen Altären auf. Turban tragende Pharisäer verspotten den dornengekrönten Jesus, phantastisch gekleidete Schergen geisseln mit sadistischer Lust. Es scheint, das fromme Publikum verlangte nach Spektakel - ebenso in Leid wie Grausamkeit. [Abb. J. Pollack, Passionsszenen/Hochaltar St. Peter oder Franziskanerkirche, 1500/1492]Fremdenfeindlichkeit in der Kunst? Nicht völlig auszuschließen. Doch „Pharisäer“, „Scherge“ oder „Prophet“ verkörperten damals allgemeine Wesenstypen, keine Stereotypen im modernen Sinn. Heilige konnten auch dunkelhäutig sein: König Kaspar und Märtyrer Mauritius standen für den „edlen Mohren“. [Anm. in Hintergrundtext: lat. "Maurus" heißt "Nordafrikaner“, daraus leitete sich das mittelalterliche deutsche Wort "Mohr" ab. Mauritius wurde bereits im 6. Jhd. zum Schutzpatron Burgunds] [Abb.: Mathias Grünewald, hl. Mauritius und hl. Erasmus, Gemälde, 1518/20, AP München], Hl. König Caspar, Standfigur, vor 1489, MET New York]
Erasmus - am Sa, 04. Dezember 2004, 17:22 - Rubrik: Zweiter Raum