Der Münchner Rat ließ die Morisken für das „tanntzhauß“ fertigen. So ungewöhnlich dies heute klingt: Hier schlug das Herz des neuen Rathauses (heute das „Alte Rathaus, das von 1474 bis um 1480 errichtet wurde [Abb. Stich M. Wening, 1701). Wie die Frauenkirche (erbaut 1468-1494), drückte der profane Prachtbau das neue Selbstbewußtsein der Bürgerschaft am Übergang zur frühen Neuzeit aus. Ein Tanzsaal als Bühne der Macht? Im späten Mittelalter war dies kein Widerspruch. Hier feierte das Patriziat sich selbst - bei rauschenden Festen und würdigen Versammlungen des Rats. Es war ein glanzvoller Mehrzweckbau: Auch die Wittelsbacher Landesherrn fanden hier Obdach für Fest- und Staatsakte.Die bayerischen Herzöge waren in München noch nicht sesshaft. Erst hundert Jahre später unterhielten sie ihre Residenz. Als Wilhelm V. 1568 Renata von Lothringen ehelichte, fanden sich die adeligen Hochzeiter im Tanzsaal ein. Und so kam es, dass Moriskentänzer von niederem Stand von ihren Podesten herabblickten auf eine erlauchte Gästeschar.
Erasmus - am Sa, 04. Dezember 2004, 17:04 - Rubrik: Dritter Raum